«Les jours des éphémères»

9. Festival ephemerer Kunst im Lichtspiel-Theater, Olten

Freitag 19. & Samstag 20. August 2022

Teilnehmende Kunstschaffende: Ann Oren (D); Barbara Curti; Carlo Schmidt; Caroline Singeisen; Claudia Grimm; Claudia Vogel & Karin Heinrich; Claudia Vogel & Claudine Ulrich; Daniel Züsli; Denise Haschke; Dieter Holliger; Janine Gerber (D); Jyrgen Ueberschär; Kollektiv Llujj mit Linda Hauser, Liv Senn & Jacqueline Maibach; Laura Locher; Manuel Market; Marlène Pichler; Peter Killer; Yuri A

 

Texte: Stefanie Steinmann & die Kunstschaffenden

 

 


Ann Oren (*1979), Berlin (D), «PASSAGE»

Die Künstlerin und Filmemacherin Ann Oren reflektiert mit ihrem Werk «PASSAGE» die Grenzen zwischen dem Humanem und dem Animalischem und geht dem Thema der fiktiven Geschlechterrollen und deren Überwindung nach. Auf 16-mm-Film gedreht, spielt PASSAGE auch auf Eadweard Muybridges präkinematische Experimente mit Pferden an.


Barbara Curti, Zürich, «the light belongs to all of us»

Im Zentrum von Barbara Curti’s Aktion steht die Garderobe. Diese beinhaltet das Vergängliche, denn dort werden Kleidungsstücke nur vorübergehend platziert und gleichzeitig ist ein Ort der Erscheinung von ständiger Veränderung. An Barbara Curti Garderobe hängen vier gleiche T’Shirts mit je einem Aufdruck - ‚the light‘, ‚belongs‘, ‚to all‘ und ‚of us‘. Die Besucher sind dazu aufgefordert die T-Shirts mit ihren mitgebrachten Kleidungsstücken zu tauschen wodurch sich der Satz im Laufe des Tages auflöst. Die getauschten Stücke werden zuletzt dem Kleiderladen der Caritas weitergegeben.


Carlo Schmidt (*1958), Guttet-Feschel, «Zusammenfassung von 8 Performances Filmen»

Carlo Schmidt initiiert, konzipiert und entwickelt in seinem künstlerischen Schaffen neue Experimente/Objekte/Projekte, setzt diese, oder einzelne Prozessteile davon, in seiner Verantwortung, oft im Verbund, um. Dies ist auch bei der „Zusammenfassung von 8 Performances Filmen" zu sehen. Für Carlo Schmidt beinhaltet Kunst in der heutigen Zeit nicht nur einen ästhetischen Wert, sondern auch einen sozialen, humanen Auftrag. Selbst wenn ein entsprechendes Ergebnis nicht über seine Person hinaustritt.


Caroline Singeisen (*1977), Bern, «Wasserportraits»

Caroline Singeisen porträtiert mit Wasser und Pinsel die Ausstellungsbesucher*innen auf Papier. Diese Wasserportraits sind ein Spiel mit der Zeit, der Beständigkeit und dem Verlust. Dieses Projekt reizt Singeisen, weil sie nach der langen Phase des Maskentragens mit dieser Aktion wieder in Kontakt mit den Besucher*innen treten kann. Gleichzeitig möchte Singeisen die Porträtierten beobachten wie sie reagieren, wenn noch während ihrer Arbeit die entstandenen Bilder wieder verdunsten.


Claudia Grimm (*1952), Tägertschi, «Alleinunterhaltung»

Claudia Grimm ist in der Performancekunst aktiv, Ihr Medium ist Text, und ihr Ziel ist es, in ihren Performances mit möglichst wenig zusätzlichen Materialien auszuzukommen. Die Arbeit «Alleinunterhaltung» ist auch als performative zu betrachten und nicht als eigentlich filmische. Video ist hier nur das Alltagmedium, mit dem die performativen Intarsien dokumentiert werden,die man sich ins Alltagsleben einstreuen könnte.


Claudia Vogel (Idee & Konzept), Claudine Ulrich (Performance), «Balla Sedia»

Bei der Vorbesichtigung der Lichtspiele-Theater Olten, ist die Kunstschaffende Claudia Vogel auf die Stuhlreihen in der oberen Etage aufmerksam geworden. Die Farbe der Stühle und ihre Anreihung haben Vogel zu einer künstlerischen Auseinandersetzung angeregt. Mit einer tänzerischen Performance, die von Claudine Ulrich ausgeführt wird, sollen die Kinostühle in Zentrum gerückt werden. Das Thema dabei ist einerseits das Gleichgewicht, andererseits die architektonischen Linien im Raum.


Claudia Vogel & Karin Heinrich, «last says»

Die Künstlerinnen Claudia Vogel und Karin Heinrich verbinden mit ihrem Team-Projekt «last says» den ephemeren Akt des Essens mit dem des Filmeschauens. Die beiden Kunstschaffenden haben auf (selbstgemachtes) Esspapier mit Lebensmittelfarbe die letzten Worte berühmter, bekannter Filme gedruckt. Die «last says» können am Kiosk bezogen werden und entweder sofort verspiesen oder als Unikate nachhause genommen werden.


Daniel Züsli (*1986), Zug, «Flamme und Rauch auf Holzsockel»

Daniel Züsli absolvierte die Holzbildhauerschule in Brienz (CH) und ist seit 2015 als freischaffender Künstler tätig. In traditioneller Bildhauermanier, also dem Hinzufügen und Wegnehmen von Material, greift er in Situationen und Systeme ein. Bei seiner Arbeit „Flamme und Rauch auf Holzsockel“ frisst die Flamme langsam den Sockel. Dieser wird Innerhalb von 4-5 Stunden vom klassischen Kunstpräsentationshilfsmittel zur sich selbst auflösenden Skulptur.


Denise Haschke (*1973), Samedan, «il cuntrari d’alv/The opposite of white»

Denise Haschke untersucht in ihren künstlerischen Arbeiten die Farben Weiss und Grün im alpinen Raum. Um ihre Beobachtungen und Erkenntnisse zu teilen, entwickelt sie seit einigen Jahren verschiedene meist ephemere Arbeiten, die Bestandteil der fortlaufenden Werkgruppe «il cuntrari d’alv/The opposite of white» sind. Passend zum Lichtspiele- Theater Olten zeigt Haschke eine Lichtprojektion bestehend aus zwei modifizierten Kaleidoskopen, die das Spektrum der Farben Weiss und Grün in ihrem Aufbau und Wesen vermitteln.


Dieter Holiger (*1950), Uster, «Schmelzendes Hirn»

Dieter Holiger zeigt eine kleine duftende Skulptur aus Eis, die die Form eines massstabsgetreuen menschlichen Hirns hat. Dieter Holiger schreibt dazu: «An Vergangenes erinnert man sich eine Weile, dann verflüchtigen sich auch die Erinnerungen... Im (mensch- lichen) Hirn werden alle Sinneseindrücke verarbeitet, gespeichert und abgelegt. Es ist das komplizierteste Gebilde im uns bekannten Universum».


Janine Gerber, Lübeck (D), «Papier Raumkörper»

Janine Gerber künstlerischer Ansatz beinhaltet die Fragestellung nach der Bedeutung des Raumes, der sich im Bild manifestiert. Diesen wünsche sie zu öffnen, aufzulösen und dadurch neu zu definieren. Analogisch dazu schafft sie Flächen, die sich berühren, überlagern und in denen ein Übergang von der Fläche zum Körperlichen sichtbar wird. Bei ihrer Performance «Papier Raumkörper» lenkt und bewegt ihr Körper die schwere Papierbahn (295 gr./m2) wodurch Raumkörper geschaffen wird, der sich im nächsten Moment wieder auflöst.


Jyrgen Ueberschär (*1978), Zürich, «STUDY FOR CLOUDS»

Jyrgen Ueberschärs Videoarbeit besteht aus lose assoziierten Filmsequenzen von Wolken. Entstanden sind die Aufnahmen aus einem Verkehrsflugzeug und geben einen Einblick direkt in die Wolken hinein. Nicht fassbar, einmal in den Blick gerückt, haben die Wolken bereits die Form geändert als räumliche Konfiguration verlorener Zeit stehen sie für Jyrgen Ueberschär für die ewige Transformation.


Laura Locher (*1985), Zürich, «5-Minuten-Vase»

Laura Locher Projekt «5-Minuten-Vase» besteht aus ungebrannten Ton-Vasen ohne Boden, die über einzelne Blume gestülpt werden. Ihre Idee ist es anstatt die Blume zur Vase zu bringen, die Vase zur Blume. Die «5-Minuten-Vase» bleibt bei der Blume bis sie sich auflöst. Denn ungebrannter Ton zerbricht unter den Füssen von Passanten und löst sich spätestens beim nächsten Regen auf. Die Besucher sind aufgefordert, eine «5-Minuten-Vase» mit nach draussen zu nehmen, über eine Blume zu stülpen, zu fotografieren und auf Instagram mit den Hashtags: 5-minuten-vase & lesjoursdesephemeres.ch zu posten.


LLuJJ Kollektiv (Linda Hauser, Liv Senn, Jacqueline Maibach), Performance «radikal skirt»

Das Kollektiv LLuJJ, welches sich beim Modestudium kennen und schätzen gelernt hat, zeigt die Performance «radikal skirt». Thema dieser Arbeit sind die Fragen des Blickes sowie der Perspektive auf unseren Körper und auf seine Veränderlichkeit. Auch mit ökologischen Parametern beschäftigen sich die drei Kunstschaffenden in dieser Arbeit. So wohnt dem ‚radical skirt‘, der mit Wasser gefüllt wird bis er platzt, eine gewisse Kurzlebigkeit inne, die der Mode und ihren Kreationen heute beigemessen wird.


Manuel Market (*1990), Brüssel und Zürich, «Duftkissen»

Der Kunstschaffende Manuel Market bezieht sich mit seinem Projekt direkt auf die Begebenheiten des Lichtspiele-Theater Olten, wo vor 13 Jahren das Popcorn aus dem Kinosaal verbannt wurde. Ein Phänomen, das in vielen Kinos zu beobachten ist, weil die Räume mehr und mehr als Multifunktionalräumen genutzt werden. Mit seinen sogenannten «Duftkissen» holt der Kunstschaffende die Spuren der Menschen zurück und erinnert uns gleichzeitig an ein vergangenes Kinozeitalter.


Marlène Pichler (*1992), Luzern

Marlène Pichler reflektiert in ihrer künstlerischen Arbeit das Medium Malerei. Aktuell setzt sie sich mit dem Anspruch der ewigen Lebensdauer dieses Mediums auseinander. Bei ihrem Projekt löscht sie mit Pinsel und Bleichmittel ein mit Inkjet gedrucktes Bild langsam wieder aus. Ziel ist es am Schluss wieder ein weisses Tuch zu haben, dass die Kunstschaffende als Ausgangsmaterial für eine neue Arbeit verwenden kann.


Peter Killer (*1945), Olten, «Bild von Georges de la Tour»

Der Journalist und ehemalige Leiter des Kunstmuseums Olten Peter Killer hat eine Vorliebe für das Bild «La Madeleine à la veilleuse Huile sur toile» von Georges de La Tour (1593– 1652). Das Gemälde zeigt die Vergänglichkeitssymbole Kerze und Totenschädel. Bei seiner Aktion wird Killer das Bild von Georges de La Tour vergrössern lassen und ein Dreibein darüberstellen aus dem schwarze Lackfarbe tropft.


Yuri A (*1961), Zürich, «EAT ME»

Der Filmemacher und Künstler Yuri A aka Raymond Höpflinger beschäftigt sich in seinem künstlerischen Schaffen mit dem Essen. Etwa bei seinem Projekt “What I ate in 45 years (1975–2022), das aus seiner Foodbiografie und einer Selbstportraitserie besteht. Seine Serie EAT ME (2020–2022) besteht aus essbaren Skulpturen, die zum Verzehr freigegeben werden. Nach einer Schokoladenskulptur–Kopie von Alberto Giacometti und Wurstskulptur–Kopie von Jeff Koons wird er 2022 eine Kopie von Erwin Wurms «Gurke» ausstellen.